Bethel - Die Geschichte der Jugendfürsorgeerziehung in Freistatt

Die Geschichte der Jugendfürsorgeerziehung in Freistatt

Die Fürsorgezöglinge beim Bau der Torfmieten in den 1930er-Jahren.

Von der Gründung im Jahr 1899 bis 1974 wurden in Freistatt insgesamt 22.389 männliche Jugendliche im Rahmen der Jugendfürsorge betreut. Bereits in den 1920er-Jahren äußerten sich ehemalige Fürsorgezöglinge erstmals kritisch über die damaligen Zustände. Zahlreiche Berichte belegen, dass viele von ihnen bis in die 1970er-Jahre hinein schweres Leid erfahren mussten. Die in Freistatt ausgeübte Gewalt durch Diakone und Erzieher war weit verbreitet und überstieg deutlich das gesellschaftlich akzeptierte Maß jener Zeit.

Heute bekennen sich die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel zu dieser Geschichte und setzen sich mit dem erlittenen Unrecht auseinander. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit ist dabei Teil eines fortlaufenden Prozesses des Erinnerns, Verstehens und Lernens. Auf dieser Grundlage entstand das Anliegen, die Geschichte Freistatts transparent zu machen und die Erfahrungen der Betroffenen sichtbar werden zu lassen.

Diese Internetseite trägt zu dieser Aufarbeitung bei. In einem Scrollytelling-Format werden Wissen und Eindrücke über die Lebensrealität der Jugendlichen sowie über die Strukturen der damaligen Fürsorgeerziehung vermittelt. Anhand persönlicher Dokumente, Verwaltungsakten und Fotografien wird das Leben der Jugendlichen in Freistatt nachvollziehbar beschrieben und die emotionalen Dimensionen ihrer Erlebnisse werden erfahrbar gemacht.

1899

Die Anfänge der Jugendfürsorge in Freistatt

Die Jugendfürsorge in Freistatt begann im Jahr 1899. Hintergrund war die wachsende Nachfrage nach Betreuungsplätzen für „verwahrloste“ und „sittlich gefährdete“ Jugendliche in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel. Diese Entwicklung wurde maßgeblich durch das Inkrafttreten des Zwangserziehungsgesetzes von 1878, das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 sowie ergänzende Landesgesetze geprägt. Diese Rechtsgrundlagen ermöglichten den Behörden ein früheres und konsequenteres Eingreifen bei der Betreuung und Erziehung gefährdeter Jugendlicher.

Da die Kapazitäten der Erziehungsanstalt für „sittlich gefährdete, konfirmierte Knaben“ in der Betheler Zweiganstalt Eckardtsheim schnell erschöpft waren, entschied die Anstaltsleitung nach intensiver Suche, in der damaligen Provinz Hannover einen weiteren Standort für die Fürsorgeerziehung von männlichen Jugendlichen zu errichten. Dieser neue Standort ergänzte die bereits geplante Arbeiterkolonie Freistatt und erweiterte die Aufnahmemöglichkeiten für Jugendliche erheblich.

Auszug aus dem preußischen „Gesetz über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger“ vom 2. Juli 1900.

Nicht allein Straffälligkeit war Anlass für eine staatliche Erziehungsmaßnahme. Minderjährige konnten nun auch „der Fürsorgeerziehung überwiesen werden“, wenn die „Unzulänglichkeit der erziehlichen Einwirkung der Eltern oder sonstigen Erzieher oder der Schule" vorlag. Damit sollte, laut Gesetz, das völlige sittliche Verderben der Jugendlichen verhütet werden.

Im Mittelpunkt des Alltags stand vor allem die Arbeit. Die Jugendlichen mussten schwere körperliche Arbeit auf den Torffeldern oder in den landwirtschaftlichen Betrieben leisten. Ziel war es, sie durch Disziplin und Arbeitsbelastung zu erziehen. Als Vorbild diente das System der preußischen Kadettenausbildung.

Die Betreuung übernahmen meist Diakone oder „Freie Helfer“ der Westfälischen Diakonenanstalt Nazareth, die ebenfalls zu den v. Bodelschwinghschen Anstalten gehörte. Viele von ihnen hatten jedoch keine pädagogische Ausbildung. Der Erziehungsalltag war von körperlicher und seelischer Gewalt geprägt. Sprechverbote, Ohrfeigen, Stockschläge oder das Tragen von schweren Kettenhosen waren an der Tagesordnung. Bis zum Jahr 1909 flohen rund 29 Jugendliche aus Angst und Verzweiflung aus der Einrichtung.

Wie unterschied sich der Alltag der Jugendlichen in Freistatt damals von dem Leben junger Menschen heute? Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede lassen sich in Bezug auf Erziehung, Alltag und gesellschaftliche Erwartungen feststellen?

Arbeit im Moor, Mitte der 1910er.

1911

Ausbau der Jugendfürsorge in Freistatt bis 1911

Ein Gemälde, das den Ort Freistatt zeigt, gemalt im Jahr 1911 von einem unbekannten Künstler.

Bereits kurz nach der Gründung der Zweiganstalt Freistatt begann der Ausbau der Einrichtung mit dem Bau mehrerer Erziehungshäuser. Bis zum Jahr 1911 entstanden vier Häuser für männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Jahren. Insgesamt boten sie Platz für rund 250 Jungen. Viele von ihnen waren zuvor in anderen Fürsorgeeinrichtungen untergebracht, vor allem in den Provinzen Hannover und Westfalen.

Ein Gemälde eines unbekannten Künstlers aus dem Jahr 1911 zeigt den Ort Freistatt mit seinen Erziehungshäusern. Es basiert auf mündlichen Überlieferungen und stellt Freistatt in freier künstlerischer Form dar, ohne Anspruch auf geografische Genauigkeit.

1. Moorstatt, gegründet 1899

2. Moorhort, gegründet 1901

3. Moorburg, gegründet 1903

4. Moorhof, gegründet 1903

1. Das Haus Moorstatt um 1910.

2. Das Haus Moorhort um 1910, Blick von der Straße.

3. Das Haus Moorburg um 1910, Blick von der Straße.

4. Das Haus Moorhof um 1910.

1914

Der Erste Weltkrieg und seine Auswirkungen

Gruppenaufnahme von Soldaten auf einem Kohlfeld in Freistatt während des Ersten Weltkriegs.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 meldeten sich viele Jugendliche aus Freistatt freiwillig zum Wehrdienst. Die Zahl der Zöglinge in den Häusern sank deutlich: Vor dem Krieg lebten etwa 50 Jugendliche pro Haus, während es während der Kriegszeit nur noch neun waren. Auch viele Diakone wurden zum Militärdienst eingezogen.

Nach dem Krieg stieg die Zahl der Jugendlichen in Freistatt stark an. Es herrschte eine unübersichtliche politische und wirtschaftliche Lage. Die Zahl der behördlichen Bescheinigungen, in denen Jugendlichen eine „Tendenz zur Verwahrlosung“ attestiert wurde, nahm zu. Dies führte zu weiteren Einweisungen.

1920

Veränderungsversuche in den 1920er-Jahren

Jugendfürsorge-Zöglinge bei einem gemeinsamen Bootsausflug am Dümmer-See in den 1930er-Jahren.

In den 1920er-Jahren wurde erstmals Kritik an der strengen Erziehungspraxis laut. Einzelne Strafen, wie das Sprechverbot oder das Tragen der Kettenhose, wurden daraufhin verboten. Zudem wurde für die Jugendlichen Schulunterricht eingeführt. Darüber hinaus gab es kleinere Verbesserungen bei der Unterbringung und der Freizeitgestaltung. Weitreichende Veränderungen blieben jedoch aus. Fort- und Weiterbildungen für das Personal wurden zwar angeboten, stießen jedoch häufig auf Ablehnung und führten nur zu begrenzten Verbesserungen.

Welche Verbesserungen gab es in den 1920er-Jahren für die Jugendlichen in Freistatt, und wie könnten diese Veränderungen das Leben und das Wohlbefinden dieser beeinflusst haben?

Stundenplan des Hauses Moorhof aus dem Winterhalbjahr 1924/1925.

Seit Anfang der 1920er-Jahre erhielten die Jungen Schulunterricht, der vor Arbeitsbeginn stattfand. Im Sommerhalbjahr begann der Unterricht bereits um 5:00 Uhr morgens. Dennoch war es eine Verbesserung, weil den Jugendlichen der Zugang zu einer Schulbildung ermöglicht wurde. Mittelpunkt des Alltags blieb jedoch weiterhin die schwere Arbeit in der Torf- und Landwirtschaft.

Schreiben vom 23. Oktober 1929, verfasst von Pastor Enno Janssen, Leiter der Einrichtung Freistatt, gerichtet an Friedrich von Bodelschwingh d. J.

Für das Haus Moorburg sollten als Ersatz für die bisher verwendeten Strohsäcke Matratzen angeschafft werden. Die Argumentation in dem Schreiben verdeutlicht den Zwiespalt, in dem sich die Jugendfürsorge in Freistatt befand, nämlich zwischen öffentlicher Kritik, zögerlichen Veränderungen, traditionellen Erziehungsmethoden und finanziellen Überlegungen.

1933

Jugendfürsorge in der NS-Zeit

Auch nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 blieb der Alltag in Freistatt von Strenge und Gewalt geprägt. Harte Arbeit, körperliche Strafen und seelische Misshandlungen gehörten weiterhin zu den üblichen Erziehungsmethoden.

Zusätzlich verschärfte sich die Situation durch das sogenannte „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Ärzte aus Bethel stellten bei Jugendlichen, die als „arbeitsscheu“, „verwahrlost“ oder „liederlich“ galten, häufig die Diagnose „Schwachsinn“. In Folge entschieden Erbgesundheitsgerichte über eine Zwangssterilisation, was eine lebenslange Unfruchtbarkeit der jungen Männer bedeutete.

Nachweisbar ist, dass zwischen 1940 und 1944 zwei Jungen aus Freistatt von der Gestapo in das Jugend-KZ Moringen überführt und einer in eine Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald verlegt wurde. 

Beschluss des Erbgesundheitsgerichts beim Amtsgericht in Verden vom 2. April 1936.

Das Erbgesundheitsgericht ordnete die Zwangssterilisation des 15-jährigen Hermann G. an. Der Eingriff wurde am 31. Juli 1936 im Krankenhaus Nebo in Bethel durchgeführt. Hermann G. lebte seit Juli 1935 im Haus Moorstatt. Erst im November 1939 wurde er aus der Jugendfürsorgeerziehung entlassen. 

Welche Eindrücke und Gefühle entstehen beim Lesen der historischen Informationen über die Jugendfürsorgezöglinge in der NS-Zeit?

Ausschnitt aus dem Amtsbuch des Betheler Krankenhauses Nebo.

Die erste Zwangssterilisation erfolgte am 12. Dezember 1934, die letzte am 22. Juni 1939. Bislang sind 75 Zwangsterilisationen von Jungen, die in Freistatt untergebracht waren, belegt. Bei allen Betroffenen lautete die Diagnose stets „1a“. Das bedeutete eine angeborene oder früh erworbene geistige Behinderung ohne erkennbare Ursache. Die Jungen wurden von Freistatt nach Bethel gebracht und im dortigen Krankenhaus Nebo erfolgte die Operation. Die Mehrheit stammte aus dem Haus Moorstatt, einer Einrichtung für sogenannte „schwach begabte“ Jungen.

1945

Die Nachkriegszeit in Freistatt

Jugendliche bei der Arbeit im Moor im Jahr 1949.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Jugendlichen, die als „verwahrlost“ galten, deutlich an. Infolgedessen nahm auch die Anzahl der Aufnahmen in Freistatt erheblich zu, sodass die Erziehungshäuser bald an ihre Kapazitätsgrenzen stießen und stark überfüllt waren. Diese Überbelegung stellte das Personal, bestehend aus Diakonen, freien Helfern und Erziehern, vor große Herausforderungen.

Vor diesem Hintergrund blieben harte Erziehungsmaßnahmen wie Ohrfeigen, Sprechverbote oder das Einsperren in Zellen weiterhin an der Tagesordnung und prägten den Alltag der Jugendlichen. Diese Praxis hinterließ bei vielen Betroffenen tiefe und langanhaltende Spuren. 

In einem Rundschreiben des damaligen Anstaltsleiters Hermann Wilm ist nachzulesen, wie er die Hausväter der Erziehungsheime aufforderte, die Strafbücher zu manipulieren. Besonders harte Bestrafungen durch die Diakone sollten dadurch verschleiert werden. Dieses Vorgehen veranschaulicht den enormen Druck auf das Personal und die problematischen Kontrollmechanismen innerhalb der Einrichtung.

Rundschreiben der Moorkanzlei vom Anstaltsleiter Hermann Wilm an die Hausväter der Erziehungsheime vom 3. Juli 1952.

1960

Zwischen Gewalt und Wandel

Jugendliche bei der Arbeit im Moor Mitte der 1960er-Jahre.

Zu Beginn der 1960er-Jahre blieb die Lage der Jugendlichen in den Fürsorgeeinrichtungen weitgehend unverändert. Übergriffe durch das Betreuungspersonal sowie Gewalt unter den Jugendlichen gehörten weiterhin zum Alltag. Dass solche Zustände herrschten, lässt sich noch heute anhand von Strafberichten und den Aussagen ehemaliger Jugendfürsorgezöglinge nachvollziehen. Gefühle wie Angst, Wut und Verzweiflung prägten das Leben vieler Betroffener.

Erst gegen Ende des Jahrzehnts zeichnete sich ein grundlegender Wandel ab. Die öffentliche und mediale Kritik an den Zuständen in den Fürsorgeeinrichtungen nahm deutlich zu, nicht zuletzt durch die bundesweit beachtete Aktion Staffelberg. Diese deckte zwar Missstände in einer anderen deutschen Einrichtung auf, lenkte aber allgemein die Aufmerksamkeit auf Probleme in der Jugendfürsorge. Ab 1969 setzte daraufhin ein schrittweiser Reformprozess ein, der auch in Freistatt Veränderungen bewirkte.

Niedersächsisches Landesverwaltungsamt an den Württembergischen Landesfürsorgeverband, 25. Juli 1960.

Schreiben vom 5. Februar 1962 des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Verden.

Die Fürsorgeerziehung war in ein behördliches System eingebettet. Die Heimaufsicht für Freistatt lag beim Niedersächsischen Landesjugendamt in Hannover. Von dort aus wurde die Finanzierung geregelt und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften überwacht.

In den 1950er- und 1960er-Jahren bestand zwischen dem Landesjugendamt und Freistatt zudem ein stillschweigendes Einverständnis bezüglich der Erziehungsmethoden und der Anwendung von Strafen. Die strenge Erziehungspraxis wurde vom Landesjugendamt gebilligt und damit gerechtfertigt, dass Freistatt vor allem besonders „schwierige“ Jugendliche zugewiesen bekam.

Strafbericht vom 2. Januar 1959.

„Der Hausvater hat ab und zu mal seine Arbeit gemacht,

indem er halt sich einige rausgekrallt hat, die er umgehauen hat.

Das war nur vor der Gruppe, immer beim Antreten morgens.

Das war ein Spiel, das hatte ja einen Effekt, das sollte ja Macht

demonstrieren, nachhaltig.“ 

Interviewzitat eines ehemaligen Jugendfürsorgezöglings.

Strafbericht vom 7. Februar 1963.

„Ich bin so geschlagen worden, dass ich vierzehn

Tage lang keine feste Nahrung zu mir nehmen

konnte – ich habe da nicht mal den Finger

zwischen meine Zähne schieben können – von

einem Zögling. Und die Diakone haben zugeguckt.“

Interviewzitat eines ehemaligen Jugendfürsorgezöglings.

Strafbericht vom 18. November 1969.

„Wir Zöglinge haben ja die Zöglinge abgestraft.

Das war so eingespielt, dass im Grunde genommen

die Brüder nur die Funktion hatten, dass sie anwesend

waren. Die hatten auch keine großartige Veranlassung,

was zu ändern, weil sie wussten, das ist gelaufen.

Wenn jetzt ein anderer gekommen ist, natürlich haben

wir Gruppenführer uns zusammengetan, um den

niederzumachen. Und da hat sich kein Bruder umgedreht

und hat geguckt.“

Interviewzitat eines ehemaligen Jugendfürsorgezöglings.

Welche Eindrücke und Gefühle lösen die Strafberichte und Zitate aus den Einrichtungen in Freistatt beim Lesen aus?

Schreiben des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes an die Anstalt Freistatt vom 1. März 1960.

In den 1960er-Jahren nahm die Heimaufsicht ihre Rolle jedoch auch deutlich ernster. Strafbücher und Strafberichte wurden gründlicher geprüft, und Mängel wurden vermerkt. Das Landesjugendamt drängte wiederholt auf die Umsetzung des Erlasses von 1951, der körperliche Züchtigungen auf sogenannte „Backenstreiche“ beschränkte.

1970

Die 1970er Jahre bringen Veränderungen

Foto eines Jugendlichen aus Freistatt Mitte der 1970er-Jahre.

In den 1970er-Jahren verbesserten sich die Lebensbedingungen der Jugendlichen in Freistatt nach und nach. Die Erziehungsarbeit wurde zunehmend professionalisiert, und neue pädagogische Konzepte sowie Unterstützungsangebote wurden eingeführt.
Dieser Reformprozess trug maßgeblich dazu bei, das zuvor von Angst, Wut und Hilflosigkeit geprägte Leben der Jugendlichen grundlegend zu verändern. Er stand für einen Neuanfang in der Erziehung und Betreuung der Jugendlichen in Freistatt.

Protokoll der Hausvätersitzung vom 11. Dezember 1971.

Anfangs wurden die Besprechungen noch „Hausvätersitzung“ genannt, doch schon bald erfolgte die Umbenennung in „Fachbereichskonferenz Pädagogik“. Daraus wird deutlich, dass die bisher dominierende patriarchale Rolle der Hausväter allmählich zu schwinden begann.

Ab 1971 übernahm ein pädagogisch qualifizierter Erziehungsleiter die Verantwortung für den Erziehungsbereich. Damit begann eine umfassende Neuausrichtung der Organisation und Methodik der Erziehungsarbeit – mit einem genauen Blick auf jedes Detail.

Jugendliche aus Freistatt in den 1970er-Jahren.

Wie beeinflussten die Reformen der 1970er Jahre die Arbeit der erziehenden Personen in Freistatt, und welche Folgen hatte die Professionalisierung für die Jugendlichen?

Das Albumcover der Band „Wir“ aus Freistatt, Mitte der 1970er-Jahre.

Die Musikgruppe „Wir“ aus dem Haus Wegwende wurde im Zuge des Umbruchs gegründet und bestand über zwei Jahrzehnte. Sie galt als Ausdruck des wachsenden Stellenwerts von Freizeitgestaltung in der Jugendhilfe.

Mit Kirchenliedern und selbst verfassten, meist christlichen Texten, trat die Gruppe in der Region auf. Ihr Ziel war es, Vorurteile gegenüber Jugendlichen aus der Fürsorgeerziehung in der Gesellschaft abzubauen.

 

Bethel Logo

Das Lied „Du siehst die Blumen nicht" der Band „Wir“ stammt aus den 1970er-Jahren.

Freistatt heute

Heute bietet unsere Kinder-, Jugend- und Familienhilfe vielfältige stationäre, teilstationäre und ambulante Betreuungsangebote in verschiedenen Wohngruppen, in intensivpädagogischen Wohnprojekten, in Erziehungsstellen oder auch in der heilpädagogischen Kinderpflege. Und dies immer auch in Verbindung mit schulischen und berufsbildenden Maßnahmen. 

Wir unterstützen und begleiten in der Region Diepholz (Landkreise Diepholz, Vechta und Cloppenburg), der Stadt und Region Hannover sowie im Landkreis Stade über 300 Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und ihre Familien. Dabei reagieren wir sehr individuell und flexibel auf sich ändernde Hilfebedarfslagen. 

Im Zentrum jeder Maßnahme stehen persönliche, wertschätzende und fördernde Beziehungen. Die christliche Grundhaltung, die fachliche Kompetenz der Mitarbeitenden, die Beteiligung der Kinder, Jugendlichen und Eltern sowie die Prinzipien von Teilhabe und Inklusion spielen dabei eine zentrale Rolle.

Alle weiteren Informationen und die jeweiligen Ansprechpartner/innen finden Sie auf Start - Bethel im Norden - Jugendhilfe 

Quellen zur Geschichte Freistatts.

Ihre Möglichkeiten zur Vertiefung und Recherche

Wenn Sie weiterführende Fragen zur Geschichte der Fürsorgeerziehung in Freistatt haben oder eigene Recherchen durchführen möchten, stehen Ihnen zahlreiche Ressourcen zur Verfügung. Seit der ersten Veröffentlichung zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 1999, über die wissenschaftliche Studie „Endstation Freistatt“ (2009) bis hin zum Filmprojekt „Freistatt“ (2013), gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Im Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen sind Einzelfallakten und Sachakten für Recherchen vorhanden. Das Team des Hauptarchivs unterstützt Sie gerne.